Die Geschichte und die Idee von Pamoja

Da unsere heutige Gesellschaft stark durch das Zusammenleben von Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen geprägt ist, nimmt die Bedeutung der Förderung von interkulturellen Kompetenzen zu. Dies motiviert uns seit nunmehr 15 Jahren dazu, unser eigenes Programm zu gestalten, um einen Austausch von Sichtweisen zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen zu ermöglichen – Pamoja ist vollständig selbstorganisiert und basiert auf der hohen Motivation der Teilnehmenden, alle notwendigen Aufgaben und Planungen in Eigenverantwortlichkeit und mit individuellem Engagement durchzuführen.

Die Idee zum Projekt entstand im Zuge des Seminars „Praxis der Entwicklungszusammenarbeit“ an der Universität Münster, welches damals von Dr. Reinhold Hemker geleitet wurde. Initiiert wurde es durch den Kontakt zweier Studierenden – aus Deutschland und Tansania – die sich bei einem Auslandssemester in Dar es Salaam (Tansania) kennenlernten. Kurzerhand konnte die Mwalimu Nyerere Memorial Academy (MNMA) als offizieller Projektpartner gewonnen werden. Pamoja wurde mit Unterstützung von Reinhold Hemker weiterentwickelt und sogar Studierende von Hochschulen in Köln und Aachen konnten für ein Engagement mit Pamoja begeistert werden. Die wachsende Gruppe der tansanischen Teilnehmenden plante das Projekt zunehmend mit, indem ein eigenständiges Programm entwickelt, die Finanzierung durch erfolgreiche Förderungsanträge für staatliche, kirchliche sowie private Mittel gestemmt und die kulturelle Begegnungsreise inhaltlich vorbereitet wurden.

Im Sommer 2009 fand schließlich das erste Treffen einer Pamoja-Gruppe statt: In der ersten Projektphase trafen sich je 20 Tansanier*innen und Deutsche in Dar es Salaam. Die MNMA diente hier und für viele weitere Pamoja-Generationen als Herberge und Tagungszentrum für gemeinsame interne und öffentliche Diskussionsrunden und darüber hinaus in vielen weiteren Punkten als verlässlicher Unterstützer von Pamoja. In Dar es Salaam wurden während dieses ersten Programms kulturelle Stätten und politische Einrichtungen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit besucht. Während der gemeinsamen Zeit lernte sich die Gruppe persönlich kennen und es konnten in einer sicheren Umgebung kulturelle Differenzen angeglichen werden – die Teilnehmenden begannen, zu einer Familie zusammenzuwachsen.

Nach der gemeinsamen Zeit in Tansania wurden die Weichen für einen Rückaustausch in Deutschland gestellt – denn ein Austausch auf Augenhöhe verlangt einen beidseitigen Dialog, das heißt die gleichen Möglichkeiten dazu eigene Erfahrungen zu sammeln – dies ist das Grundverständnis von Pamoja. Wie bereits in der Austauschphase zuvor konnten erfolgreich Fördermittel eingeworben und dazu noch neue soziopolitische Projektpartner für diese neue Begegnungsphase gewonnen werden. Im Sommer 2010 traf nach der erfolgreichen Beschaffung von Visa, neben der Finanzierung eine der größten Hürden für das Projekt, die erste tansanische Pamoja-Gruppe in Münster ein. Auch auf deutschem Boden wurden nun soziopolitische, wirtschaftliche und kulturelle Einrichtungen besucht und Münsters Öffentlichkeit zu Diskussionsrunden eingeladen. Am Ende war bei allen Beteiligten sowie deren Freund*innen und Familien derart viel Begeisterung für Pamoja entstanden und derart wertvolle Erfahrung durch Pamoja gesammelt worden, dass allen klar war: Pamoja solle sich vielfach wiederholen.

Und so wurde von den Teilnehmenden beider Länder direkt mit der Suche einer Nachfolgegeneration für einen neuen Austausch begonnen, was sich schnell als erfolgreich erwies. Auf deutscher Seite bildete sich aus der ersten Pamoja-Generation und externen Interessierten eine Supportgroup, welche sich bald zu dem Verein u-We – Understanding through World Encounter e.V. – entwickelte. U-We unterstützte insbesondere den deutschen Teil von Pamoja II ehrenamtlich durch Aufbauseminare, rechtliche Hilfestellungen und bei der Antragsstellung für Drittmittel. Von tansanischer Seite wurde diese Supportgroup durch die MNMA und insbesondere durch den Dozenten Richard Stanislaus Kappia unterstützt, welche die Ausschreibungen für die Teilnehmenden der nächsten Pamoja-Generation sowie vorbereitende Seminare koordinierten. Pamoja II wurde zum vollen Erfolg mit einem Hinaustausch im Jahr 2011 und einem Rückaustausch in 2012, woran sich in den Jahren 2013 und 2014 Pamoja III anschloss. Beide Austauschgruppen konnten von dem reichhaltigen Erfahrungsschatz vorheriger Generationen und der Supportgroup bzw. von u-We e.V. profitieren. So wurde drei Projektphasen lang ein kollektiver Erfahrungsschatz aufgebaut, wobei jedoch der Fokus einer jeden Pamoja-Generation in der Eigenverantwortung, Selbstbestimmtheit und Selbstorganisation der eigenen aktiven Austauschgruppe lag.

Nach dem dritten Pamoja-Projekt im Herbst 2014 trennte sich der unterstützende u-We e.V. aufgrund der eigenen politischen Neuausrichtung auf innerpolitische Herausforderungen von dem Projekt. Einige Mitglieder von Pamoja III schlossen sich dem entgegen zu einer neuen Supportgroup zusammen, welche Pamoja fortführen wollte. Und so wurde wie zuvor mit der bald erfolgreichen Suche für Nachfolgegenerationen begonnen. Mit Pamoja IV und Pamoja V konnten in den folgenden vier Jahren zwei weitere erfolgreiche Austauschzyklen gemeinsam erlebt werden. Daraufhin beschlossen schließlich Mitglieder der Pamojagenerationen III, IV, V, dass das Gesamtprojekt nach zehn Jahren, trotz des Grundsatzes zur jeweiligen Selbstbestimmtheit, mehr Stabilität durch Strukturen benötigte. Das Ziel war, die vielfältigen Erfahrungen der vergangenen Jahre besser nachbereiten, nutzen und vor allem folgende Austauschgruppen in Zukunft sensibler vorbereiten zu können. So wurde das Projekt 2019-2020 erstmals für ein Jahr pausiert, um Erfahrungsberichte, Guidelines und durchlebte Projekte zu evaluieren, die Grundideen und Ideale von Pamoja neu zu diskutieren und schließlich eine nachhaltige Dachstruktur zu entwickeln. Bei allen Veränderungen wurde und wird stets größter Wert daraufgelegt, dass alle Veränderungen so gut es geht mit allen Projektmitgliedern über unsere globale Messengergruppe und verschiedene Newsletter kommuniziert und mit allen aktiven Mitgliedern konsensual abgestimmt wird, bis es keine Widerstände gegen Veränderungen mehr gibt – niemand wird überstimmt und alle Meinungen erfahren die gebotene Aufmerksamkeit.

Als Ergebnis sollte das Projekt fortan auf vier Säulen basieren, welche wie folgt umgesetzt wurden: Zunächst wurde auf deutscher Seite die offizielle Hochschulgruppe Pamoja – Tanzanian German Exchange Project an der Universität Münster gegründet, welche insbesondere technische und räumliche Infrastruktur bietet. Zudem wurde der Verein Pamoja – Tanzanian German Exchange Project e.V. Münster gegründet, welcher ausschließlich den Zwecken Pamojas und dort insbesondere als juristische Person dient. Des Weiteren wurden zwei neue Partner für die Zusammenarbeit gefunden; auf deutscher Seite gliederte sich Pamoja dem Verein Aktion Humane Welt e.V. unter dem Vorstand von Falk Toczkowski und Beate Steffens an, welcher dem Projekt ein weitreichendes politisches Netzwerk sowie einen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit bietet. Besonders hervorzuheben ist die Veränderung auf tansanischer Seite. Dort wurde die University of Dar es Salaam (UDSM) als neuer Projektpartner und Host für die zukünftigen Begegnungsphasen in Tansania gewonnen und übernimmt damit seit 2021 alle bisherigen Aufgaben und Bemühungen der MNMA. Nach zuvor fünf erfolgreichen Pamoja-Austauschzyklen hatte sich die MNMA aufgrund der eigenen Neuausrichtung im soziopolitischen Engagement zuvor von Pamoja getrennt – wir danken herzlich für die bisherige Zusammenarbeit. So war es ein glückliches Schicksal für uns, dass die UDSM nach neuen Projekten mit einem internationalen Rahmen Ausschau hielt und sich alle Projektbeteiligten und die neuen Partner*innen der UDSM rechtzeitig für den Austausch 2021-2023 in allen Punkten einig werden konnten. Diese tiefgreifende Veränderung wurde ermöglicht durch die Herstellung eines Kontaktes von Masoud Hamis Musa, einem ehemaligen Pamoja-Teilnehmer, zu Dr. Colman Titus Msoka und seinem wissenschaftlichen Assistenten Godfrey Mondi vom Institute of Development Studies der UDSM.

Auf dieser neuen Basis und der neuen Motivation wurden bereits im Herbst 2019 neue Teilnehmende für ein sechstes Pamoja-Projekt gesucht und gefunden. Eigentlich stand eine neue Begegnungsreise nach Tansania im Jahr 2020 kurz bevor, doch leider kam es anders. Die Coronapandemie legte im Jahr 2020 die gesamte Welt in eine Schockstarre, wodurch selbstredend auch ein Pamoja-Austausch nicht stattfinden konnte. Die Gruppen beider Länder schafften es dennoch, den Kontakt über die Jahre der Pandemie aufrechtzuerhalten, sodass schließlich im Sommer 2022 der Hinaustausch von Pamoja6 erfolgreich stattfinden konnte.

Pamoja ist und bleibt für allen Teilnehmenden eine beeindruckende und lebensverändernde Erfahrung, die interkulturellen Freundschaften innerhalb der Pamoja-Familie dauern auch lange nach der jeweils aktiven Projektphase an und die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit, das gemeinsam Erlebte, Ermöglichte und Erlernte klingen noch Jahre nach. Von den Pamoja-Teilnehmenden aus beiden Ländern werden die gesammelten Erfahrungen und das veränderte Weltbild einer gemeinsamen Welt in die Gesellschaften der eigenen Heimatländer getragen und entfalten dort im Rahmen weiterer Begegnungen und Aktivitäten ihre sinnstiftende Wirkung.